Der große germanische Wald jenseits des Rheins
"There were the edges of the great German forest beyond the Rhine. In short, nothing spectacular, but it was home now and I would have to make do."
Henry Venmore-Rowland: The last Caesar, Transworld Publisher Ltd. 2012
Sehen Sie, Mr. Venmore-Rowland, zufällig wohne ich in dem "großen germanischen Wald", den Ihr Held da auf der anderen Rheinseite gegenüber des römischen Mainz, Mogontiacum, sehen will. Und ich hätte ihm nur empfehlen können, einmal "hibb de Bach" zu kommen und unsere Gegend zu besuchen, die zur Zeit Ihrer Handlung zivilisierter war als Mogontiacum selbst. In "Die Römer an Rhein und Main" hätten Sie nachlesen können, wie es wirklich war:
"Über
die Strombrücke [Pons ingeniosa] gelangte der Reisende, der von Mogontiacum kam,
in die Civitas Mattiacorum. Der Anblick muss überwältigend
gewesen sein.
Als
Sicherung des Brückenkopfes legten die Römer auf der rechten
Rheinseite ein Kastell an: Castellum Mattiacorum. Bereits im ersten
Jahrhundert n. Chr. entstand um diese militärische Anlage eine
Zivilsiedlung von nicht geringer Ausdehnung. Sie
hatte mindestens zwei Ortsteile: die Altstadt (Vicus
Vetus) und
die Melonische Neustadt (Vicus
Novus Melionorum). Diese trug ihren Namen von den Melonii, einer wohl
ortsansässigen Familie.
Zwei ihrer Mitglieder, Carantus und Iucundus, ließen im Jahr 170
eine Widmung in eigener Sache setzen.
Die
Größe von Castellum Mattiacorum lässt sich durch zahlreiche
Inschriften sowie
mehrere Gräberfelder bezeugen. Die Nekropolen bargen reiche
Grabbeigaben und große Steinsärge aus der zweiten Hälfte des
vierten Jahrhunderts und lassen erkennen, dass hier eine wohlhabende
Bevölkerung gelebt hat.
Das
mochte wohl glauben, wer das rechte Rheinufer betrat! Kam er von der
Brücke herab, so führte ihn der Weg auf die Platea
post portam praetoriam,
die Hauptstraße, die ... in das
Kastell führte, das dem Ort den Namen gab. Dieses war in Domitians
Chattenkrieg ausgebaut, später aber aufgegeben worden. Und wenn
er der Reisende es wieder verließ, so stand er vor dem größten
römischen Baudenkmal der rechten Rheinseite: dem arcus
Germanici -
dem Triumphbogen des kaiserlichen Kronprinzen!
Welch
abenteuerliche Vorstellung: Der Besucher des antiken Wiesbadens wurde
von einem Monument empfangen, das einem dreifachen Arc de Triomphe
glich! 1986 kamen bei einem Bauaushub seine Fundamente zu Tage.
Sie erwiesen ihn als den größten römischen Bogen nördlich der
Alpen. Bedeutend größer war er als der bekannte
Dativius-Victor-Bogen in Mainz, viel größer als der Sergierbogen in
Pula, ja beinahe so groß wie der Tiberiusbogen von Orange! Außerdem
ist der Germanicusbogen eines der frühesten Exemplare mit drei
Durchgängen, denn wahrscheinlich wird er schon kurz nach dem Tod des
Kronprinzen entstanden sein, also um das Jahr 20 (Bauinschriften der
XIV. und der XXII. Legion datieren Teile von ihm allerdings in ein
späteres Jahrzehnt, um das Jahr 45 herum). ... Der gesamte arcus
Germanici
dürfte eine Höhe von monumentalen 17 m erreicht haben;
wahrscheinlich krönte ihn eine Statuengruppe aus Bronze.
Vielleicht gehört dazu die Hand eines überlebensgroßen Reiters,
die 1895 bei Kostheim im Main gefunden wurde. ... Hinter ihm führte
die Straße weiter nach Hofheim und Nida, nannte sich jetzt
platea
dextra euntibus Nidam;
ein Abzweig lenkte den Verkehr linkerhand Richtung Aquae Mattiacorum.
Von
Castellum Mattiacorum und dem antiken Mogontiacum existiert ein
einziges Bild:
der Bleiabschlag eines spätrömischen Medaillons aus Lyon. Zwar ist
die Abbildung nicht realistisch, sondern eine typisierte
Darstellung, gibt aber eindrucksvoll die Mächtigkeit der
Wehranlagen des auf der linken Rheinseite liegenden Mainz und des
durch die Brücke damit verbundenen und ebenso befestigten
Mainz-Kastel im
vierten Jahrhundert wieder.
Leider
ist der Germanicusbogen darauf nicht auszumachen, wie das Innere der
beiden abgebildeten Städte generell keine Einzelheiten aufweist."
Aus: Möhn, A., Schmid, A., Schmid, R.: Die Römer an Rhein und Main
Die Melonii spielen auch bei uns in der Romanike eine erhebliche Nebenrolle. Von "germanischen Wäldern" war am rechten Rheinufer da schon lange keine Spur mehr ...
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