50 Millionen Flüchtlinge am Limes

Die Meldung ging herum, weltweit seien 50 Millionen Menschen auf der Flucht - so viel, wie das Römische Imperium Einwohner hatte. Wie wären die Römer mit diesem Problem umgegangen? Sie hatten es nämlich selbst. Viele Menschen, die von außen, besonders von germanischer Seite in das Imperium zu gelangen versuchten, würden wir heute als Armuts- und Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen. Die Römer taten dagegen das, was Europa auch gerne täte: sie schotteten sich ab. Sie bauten einen Limes und versteckten sich - nicht hinter Stacheldraht, aber hinter Zäunchen, Gräben, Mauern und Türmchen. Die Aufgabe dieser Einrichtung schien dieselbe zu sein: Man wollte in Rom unter sich bleiben und nicht der "Dritten Welt" mit ihren überwältigenden Problemen ins Auge sehen müssen.

Half es ihnen denn? Der Limes, von außen gesehen, wurde ein Monument der Hoffnung für diejenigen, die dahinter ihre Heil suchten. Und gewiss gab es auch damals schon die skrupellosen Schlepperbanden, die wie Catvalda der Stockfuß im "Romanike"-Zyklus ihren Reibach machten, in dem sie den Ärmsten versprachen, sie unter Bezahlung all ihrer kargen Habe ins Gelobte Land zu bringen. Der Limes konnte dem nicht standhalten - und sein Schicksal, das sich im "Corpus Sacrum" und im "Opus Gemini" andeutet, ist angesichts der Bootsflüchtlinge vor Lampedusa noch immer schrecklich aktuell.

Eine Figur im "Corpus Sacrum" befindet, man könne Ideen nicht mit Holz und Stahl aufhalten. Das galt damals, es gilt heute. Ausgrenzung und Abschottung können keine dauerhaften Lösungen sein. Sie blenden das Problem nur so lange aus, bis es mächtig genug geworden ist, dass kein Damm es mehr zurückhalten kann.

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