Conan Doyle und das Homburg-Wiesbadener Todesdreieck (II)

"Es gibt Dschungel im oberen Luftraum, und es gibt schlimmere Wesen als Tiger, die sie bewohnen. Ich nehme an, dass man im Lauf der Zeit diese Dschungel genau kartieren wird. Schon jetzt könnte ich zwei davon benennen. Eine liegt über dem französischen Raum Pau-Biarritz. Eine andere befindet sich direkt über meinem Kopf, während ich hier in meinem Haus in Wiltshire schreibe. Ich glaube sogar, es gibt eine dritte im Raum Homburg-Wiesbaden."

Es war eine große Ehre für Wiesbaden, dass Sir Arthur Conan Doyle es 1913 in einem Atemzug mit Pau und Biarritz nannte. Diese beiden französischen Ortschaften standen zu Doyles Zeit im Blickpunkt des Weltgeschehens: In Pau war 1908 im Beisein der Gebrüder Wright der erste europäische "Sportflughafen" und kurz darauf die erste Fliegerschule der Welt eröffnet worden; in Biarritz hatte sich einer der namhaften Flugzeughersteller niedergelassen, und man lieferte sich eine heftige Konkurrenz um fliegerische Erstleistungen, die eifrig in den wie Pilze aus dem Boden geschossenen Sportflugmagazinen und der Tagespresse aufgeführt wurden. Der Medienrummel, der in den 1960ern den NASA-Astronauten galt, richtete sich vor 1914 auf die tollkühnen Pilot*innen in ihren fliegenden Kisten (und hier ist das Gendersternchen ausnahmsweise angebracht, denn der Almanach Jane's All the World's Aircraft von 1913 verzeichnet eine ganze Reihe von Frauen als Besitzer von Privatflugzeugen).

Diese Vergleich bestärkt mich in der Auffassung, dass es der in Wiesbaden gestartete Prinz-Heinrich-Flug von 1913 gewesen sein muss, der Conan Doyle inspirierte, einen seiner "Luftdschungel" bzw. Todesdreiecke über unsere Köpfe zu verlegen. 

Und welche Rolle spielte Bad Homburg dabei? Eine denkbare Erklärung liegt wiederum im Prinz-Heinrich-Flug. Bei Homburg musste der erste Teilnehmer des Wettflugs nämlich aufgeben und eine spektakuläre Notlandung hinlegen. Für die Nachbarschaft war das ein Ereignis, als ob heute im Rhein-Main-Gebiet eine Sojuskapsel niedergehen und Alexander Gerst herausklettern würde: Von weit und breit kamen die Anwohner herbeigelaufen, um den "Flugapparat" und seinen Insassen aus der Nähe zu bestaunen. Die Gendarmerie musste die umliegenden Äcker durch Absperrungen und mit sanfter Gewalt vor dem Zertrampeln schützen, wie zeitgenössische Quellen auch von der zweiten Notlandung in Bad Nauheim meldeten.

Eine Kuriosität am Rande: Unter den deutschen Flugplätzen jener Tage verzeichnete Jane's All the World's Aircraft ausdrücklich "Dotzheim near Wiesbaden". Offensichtlich hatte der ungenannte "deutsche Korrespondent" dieses Beitrags Dotzheim und Erbenheim verwechselt.

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